Hallo wipe,
ich spiele 99% Fingerpicking und wollte mir vor Jahren das passende Instrument dafür kaufen. Da mich die Lakewood Gitarren damals begeistert haben, kaufte ich mir eine Dreadnought mit Mahagoni-Korpus. War schön zu spielen, voller Ton usw.
Als ich die ersten Aufnahmen machte, merkte ich, wie unausgewogen dieses Instrument für meine Spielweise war. Ein schneller Wechselbaß über 3 Saiten (A slice of sunshine/Qualey) ließ den Baß zu einem Brei verschwimmen, von den Melodiesaiten war nicht mehr viel zu hören. Für mich ein totaler Fehlkauf.
Deutlich verstimmt ging ich irgendwann in einen großen Gitarrenladen und sagte, was ich mit meiner Gitarre spielen will. Der Verkäufer schleppte mir 2 Tage lang etwa 50 Instrumente in einen Extra-Raum, den ich für mich zur Verfügung hatte. Hier spielte ich die Instrumente an, manche legte ich gleich wieder zur Seite, andere waren interessanter, die ließ ich erst mal hier. Die interessanten Instrumente ließ ich mir auch vom Verkäufer vorspielen, da eine Gitarre anders klingt, wenn man ihr gegenüber sitzt (ein Spiegel oder ein Fenster, gegen das man spielt, erfüllt denselben Zweck).
Am Ende hatte ich noch 2 Instumente zur Auswahl: eine Lowden und eine Taylor. Nach einigem hin und her und nachdem mir der Verkäufer ein sehr gutes Angebot für meine Lakewood gemacht hatte, fiel die Entscheidung zugunsten der Taylor. Ich habe es nicht einen Tag bereut, diesen Aufwand inszeniert zu haben, und wenn ich heute nach 8 Jahren in diesen Laden komme, sind die Verkäufer froh, wenn ich nur ein bißchen schwatzen will. :-D
Meine Taylor ist eine 422, ein Grand-Auditorium-Korpus aus Ahorn mit einer Fichtendecke, kein Pickup, kein Cutaway, schön schlicht ohne viel Zierrat.
Beim Strummingspiel wirkt sie recht dünn, da fehlt dann das Volumen, das für die druckvollen Bässe verantwortlich ist. Aber fürs Lagerfeuer hab ich noch meine alte Sperrholz-Dreadnought, da hätte ich eh viel zu viel Angst um die Taylor.
Völlig überrascht hat mich dann ein paar Jahre nach dem Kauf der Taylor eine Jumbo aus dem Hause Stoll, ein sehr leicht gebautes Instrument, mit derselben Holzkombination wie meine Taylor. Sie hatte einen vollen Ton, aber differenziert genug, um beim Picking nicht matschig zu werden. Das hatte ich von einer Gitarre mit diesem Riesenkorpus nicht erwartet. Allerdings wäre mir dieses Instrument auf Dauer zu groß gewesen, ich bin nicht der Riese mit den langen Armen.
Ich will mit diesem Beispiel aufzeigen, daß es nicht so sehr die Größe ist, die ein Instrument ausmacht. Bauweise und Holzauswahl sind mindestens genauso wichtig. Dazu kommt noch, daß sich der Spieler mit seinem Instrument wohl fühlen muß, und da hat jeder so seine Vorlieben (vor allem beim Hals). Ich denke, daß du das ideale Instrument für dich finden kannst, du mußt nur lange genug suchen (und sparen).
Viele Grüße
Taylorpicker
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Familie hat man, Freunde kann man sich aussuchen.
Die beste Droge ist ein klarer Kopf!
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