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Enharmonik für Angefangene - Druckversion

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Enharmonik für Angefangene - DeeDee - 23-02-2014

Hallo zusammen,

ich habe für ein Volkslied (Schwer mit den Schätzen des Orients beladen) einen Chorsatz komponiert, allerdings komme ich an einer Stelle mit der Enharmonik nicht ganz klar.

In Takt 13 habe ich ein Gdim7 notiert (also G-Bb-Db-E). Aber ist es wirklich dieser Akkord? Es kann ja auch ein Bbdim7, Dbdim7 oder Edim7 sein, die Akkorde bestehen alle aus den gleichen Tönen, nämlich übereinander gestapelte kleine Terzen. Welcher Akkord ist also funktionstheoretisch am eheten geeignet? Und vor allem, woher weiß ich, ob in den Noten (Alt und Bass) Bb und Db oder A# und C# stehen müssen? Da es vermindert ist, habe ich mich bisher für b entschieden.

Und welcher Ton ist in Takt 14 beim Bass richtig? G# oder Ab? Die Töne bilden ein Ab/G# dim als Überleitung von G auf Am.

Bitte um Hilfe.

Grüßle
DeeDee

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RE: Enharmonik für Angefangene - AndyTheke - 23-02-2014

Also, kann sein, dass ich total falsch liege, meine aber mal gehört zu haben, dass bei Kreuztonarten (hier G, 1#) auch nur Töne erhöht werden sollen. Also nur Kreuze verwenden. Anders dann bei F-Dur z.B.
Gruß


RE: Enharmonik für Angefangene - Gruselgitarre - 24-02-2014

Hallo DeeDee,

in T14 sollte ein G# stehen. Der Ton G# wird im folgenden Akkord in den Grundton von Am aufgelöst. Bezogen auf Am kommt ein G# in der harmonischen oder melodischen A-Molltonleiter vor.

In T13 handelt es sich um eine alterierte Dominante. Auch wenn es komisch klingt: der Akkord stammt von der Dominante D-Dur ab, auch wenn er keinen Grundton und keine Terz dieses Akkordes hat. Der klassische Dominant-Vermindert Akkord (DV) besteht aus drei kleinen Terzen ohne Grundton. In solchen Akkorden kann man natürlich die Spannung vergrößern, indem man andere Töne alteriert (=nach oben oder unten versetzt). Hier mal ein Beispiel für eine hochalterierte Quinte im DV. Du musst also die Schreibweise mit Kreuzen wählen, außer wenn du die klassische None dazu nimmst, welche dann für D-Dur ein Eb wäre (und kein D#).

Grüße von Grusel

P.S.: die Akkorde über den Noten stimmen übrigens nicht.


RE: Enharmonik für Angefangene - DeeDee - 25-02-2014

@Andy
Ja, so kenne ich das auch, in dem Fall war ich mir aber unsicher, und Grusel hat ja ein Beispiel gebracht, wo das auch anders sein kann.

@Grusel
Danke für die Ausführungen. Das hilft mir weiter. Was ich noch nicht ganz verstehe: Wenn ich bei dem Gdim7 noch eine große Terz unterhalb einfüge, dann komme ich auf Eb 7b9. (Als mir das klar wurde, kam er mir auch recht bekannt vor, da ich in C-Dur-Stücken ein Ab[7] verwendet habe.) Kann man noch von (alterierter) Dominante sprechen, wenn der Grundton nicht die Dominante, in diesem Fall also D, ist? Mit den Tönen finde ich keinen Bezug zu irgendwas mit D, nur wie schon gesagt zum Eb.

Die Akkorde sind eigentlich nicht wichtig, die sind nur für mich gedacht. Klar passt nicht jeder Ton in den Noten zu den Akkorden, soll lediglich eine mögliche einfache Begleitung sein.

Grüßle
DeeDee


RE: Enharmonik für Angefangene - Gruselgitarre - 25-02-2014

(25-02-2014, 19:21)DeeDee schrieb: Kann man noch von (alterierter) Dominante sprechen, wenn der Grundton nicht die Dominante, in diesem Fall also D, ist?

Hi DeeDee,
ja, das ist ja gerade das Kuriose am DV, dass sein Grundton nicht erscheint. Durch die enthaltenen Leittöne ist aber die dominantische Funktion ganz klar. Bei deinem Akkord sind ja auch zwei starke Leittonwirkungen vorhanden: das A# (löst sich zum H von G-Dur auf) und das C# (löst sich zum D von G-Dur auf).
Eine Herleitung deines Akkordes über die Dominatfunktion ist dann:
- Dominatsept: D-F#-A-C
- Dominatseptnonenakkord: D-F#-A-C-Eb
- DV: F#-A-C-Eb
- DV alteriert: F#-A#-C#-E
- DV alteriert ohne Terz: A#-C#-E
Das noch fehlende G kann man jetzt als 11 oder als Vorausnahme für den G-Dur bezeichnen.

Und wenn jetzt wieder die Jazzer kommen und sagen: das ist aber ein A#o (oder A#dim), dann haben sie natürlich recht. Als Griff wäre es in deiner Akkordlage und vollständig (also mit dem Ton G) ein C#o7. Und weil man die kleinen Terzen ja beliebig stapeln kann, ist das gleichbedeutend mit A#o7, Eo7, Go7, Bbo7 und Dbo7. Aber das hast du ja schon selbst geschrieben.

Nur sagen eben diese Akkordbezeichnungen nichts über die Funktion zu G-Dur aus. Da der Akkord mit den Leittönen dominatisch klingt und sich in der Tonika auflöst, sollte er auch dominantisch gedeutet werden.

War das jetzt zu viel...? Vielleicht hats trotzdem geholfen. Smile

Grüße von Grusel


RE: Enharmonik für Angefangene - DeeDee - 26-02-2014

Nicht trotzdem. Das war wirklich nachvollziehbar! Durch die vielen Alterierungen ist es für einen Laien/Anfänger natürlich zunächst nur schwer erkennbar, was es "ursprünglich" war (Das ist wie: Man muss in dem Wort MAMA nur vier Buchstaben ändern, und schon hat man BIER).

Solche erweiterten Kenntnisse eröffnen dann natürlich auch neue, zusätzliche Möglichkeiten, ein Werk zu arrangieren und Stimmen zu führen.

Nochmals, vielen Dank!

Grüßle
DeeDee